Menstruation als Tabuthema
Wir schreiben das Jahr 2019. In puncto Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ist viel passiert. Noch immer ist nicht alles gut, aber vieles schon besser. Und dann steht da plötzlich so ein Thema im Raum, über das wir noch immer nicht offen reden können. “Es ist wieder diese Zeit im Monat”, hört man hier, ein getuscheltes “Erdbeerwoche” da. Kommt Leute, nennen wir das Kind doch mal beim Namen: MENSTRUATION!
Etwa die Hälfte der Menschheit blutet einmal im Monat für ein paar Tage. Bei einigen kommt das noch, andere haben es bereits hinter sich. Und dennoch sprechen wir hier von knapp vier Milliarden Menschen. Vier! Milliarden! Warum also schaffen wir es noch immer nicht, offen über das Thema Menstruation zu sprechen?
Noch zu gut erinnere ich mich daran, wie ich in der Schule heimlich einen Tampon in meinem Ärmel versteckte, nur damit bloß nicht jemand mitbekam, dass ich gerade meine Periode hatte. Sprüche wie “Hast du etwa deine Tage oder warum bist du so zickig?” waren an der Tagesordnung.
Doch damit muss endlich Schluss sein. Wir dürfen das Thema nicht länger tabuisieren oder stigmatisieren. Schluss mit blauer Flüssigkeit als Symbol für Blut in der Werbung. Schluss mit dem Verstecken der Krämpfe, die uns zusammen krümmen lassen. Schluss mit dem Schweigen zu einem Thema, dass täglich etwa 800.000 Menschen betrifft. Es ist an der Zeit für #letstalkperiod.
Als die Künstlerin Rupi Kaur 2014 ein Bild von sich auf ihrem Instagram Profil postete, bei dem ein Blutfleck auf der Hose und auf dem Bettlaken zu sehen war, wurde das Bild von Instagram gelöscht – gleich zweimal, weil es angeblich gegen die Community Richtlinien verstößt. Das Foto war in aller Munde. Kaur musste viel Kritik einstecken, erfuhr aber auch eine Welle der Solidarität. Letztlich gab Instagram dem Druck nach und gab das Bild wieder frei.
Ähnlich viel Aufsehen erregte ein Foto der Musikerin Kiran Gandhi. Ein Jahr lang trainierte sie für den London Marathon 2015. Als sie am Abend vorher ihre Periode bekam und sich beim Laufen nicht mit Tampons oder Binden herumquälen wollte, beschloss sie einfach, ohne zu laufen. Auf der Aufnahme nach dem Zieleinlauf sieht mein einen deutlichen roten Fleck zwischen ihren Beinen. Ein Foto, dass deutliche zeigte, wie die gesellschaftliche Toleranz an ihre Grenzen stieß.
Machen wir uns nichts vor: der Weg ist noch lang. In nur etwa jeder fünften Beziehung wird über das Thema gesprochen. Etwa die Hälfte der menstruierenden Personen vermeidet Geschlechtsverkehr während der Periode komplett. Beides Zahlen, die in unserer eigentlich aufgeklärten Gesellschaft anders aussehen sollten.
Um dieses Tabu zu brechen, reicht es aber nicht aus, mal hier oder mal da ein Foto von einer menstruierenden Person auf Social-Media zu sehen. Wir müssen das Thema auch an der Wurzel packen. In der Schule habe ich gelernt, was mit meinem Körper passiert, wenn ich schwanger werde. Wie Samen- und Eizelle miteinander verschmelzen, wie Zellteilung funktioniert. Was aber während der Menstruation mit meinem Körper passiert, das wurde höchstens mal am Rande erwähnt. Kein Wort zu den Zyklusphasen, die mein Körper Monat um Monat durchläuft. Kein Wort zu den Krämpfen, von denen viele während der Periode geplagt werden. Und kein Wort zu irgendwelchen Hygieneprodukten.
Wir haben also noch viel vor und wir alle können etwas tun: das Thema im Alltag nicht mehr totschweigen! Damit wir uns nicht mehr schämen oder gar rechtfertigen müssen, wenn wir mit einem Tampon in der Hand zur Toilette gehen oder ein Blutfleck zwischen den Beinen zu sehen ist.